Teamwork: Interkulturell!

Potsdam_7Die Teilnehmenden waren zwischen 16 und 24 Jahre alt, d.h. eine sehr heterogene Gruppe mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen und Bildungsbiographien, v.a. auf deutscher Seite. Während die polnischen Jugendlichen sich auf das Abitur in einer pädagogisch-psychologisch ausgerichteten Klasse vorbereiteten, befanden sich die deutschen Schüler/-innen in der Berufsausbildung zum/zur Sozialassistent/-in.

Die Schüler/-innen aus Deutschland kamen aus einer stark von Berufspraktika geprägten Ausbildungsstruktur. Die Schüler/-innen aus Polen waren zwar durch eine gesellschaftlich sehr engagierte Schule an vielen Projekten beteiligt, jedoch auf freiwilliger Ebene. Ihre Bildungserfahrung war eher schulisch geprägt. Dies unterschied die Jugendlichen auch im Lern- und Kommunikationsverhalten. Beide Gruppen hatten eine relativ niedrige Einschätzungen ihrer (interkulturellen) Kommunikationskompetenzen, z.B. wenn es um Sich-Verständigen in einer Fremdsprache (meist Englisch) ging.

Ziel und/oder Kurzbeschreibung

Es wurde in erster Linie ein Dialog zwischen Jugendlichen erreicht, die bisherigen in ihrer Bildungsbiographie noch wenig interkulturelle Erfahrungen sammeln konnten und die sichtliche Hemmungen bezüglich ihrer Kommunikation außerhalb ihrer Muttersprache hatten. Über das Thema der ähnlichen Berufszielsetzung (sozialer Bereich) konnte die Kommunikation eröffnet werden. Jede/-r hatte dazu etwas zu sagen, viele Vergleichspunkte wurden gefunden, aber auch Unterschiede, die Neugier erzeugten mehr über das Leben und Arbeiten im anderen Land zu erfahren. Die Jugendlichen wurden über kreative außerschulische Methoden zur Eigeninitiative angeregt. Durch die partizipative Seminargestaltung hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich je nach Fähigkeit und Interesse einzubringen – z.B. bei der Budgetverwaltung, Planung der abendlichen Freizeitangebote, Gestaltung von Präsentationen, und damit die eigenen Stärken für die Gruppe wirksam zu machen. Dies stärkte die Teilnehmenden in ihrem Selbstbewusstsein. Sie entwickelten in den Teamaufgaben des Seminaralltags eigene Mittel und Wege der Kommunikation – sei es nonverbal oder mit sprachlichen Elementen. Im Rahmen des Programms konnten sie ihre eigene Rolle im Team/in der Kleingruppe analysieren, von anderen Rückmeldung bekommen und neue Stärken an sich entdecken. Dies stärkte die Gruppendynamik und ließ eine sehr positive, motivierende und tolerante Atmosphäre entstehen. Im Hinblick auf ihren Berufswunsch konnten sie diese Erkenntnisse für sich einordnen: passt dieser Job zu mir, zu meinen Stärken und Rollen? Die Jugendlichen haben alle Vorfreude geäußert, sich im September in Polen wieder zu sehen.

Wie wurde das Thema „berufliche Orientierung“ behandelt?

Die Jugendlichen stellten sich gegenseitig ihre beruflichen Zukunftspläne vor und/oder entdeckten das Spektrum des sozialen Sektors als Arbeitsmarkt durch die Interessen der Anderen. Dadurch erhielten sie Inspiration für die eigene Konkretisierung ihres Berufswunsches.
Durch Institutionsbesuche konnten die Teilnehmenden Einblick gewinnen in zwei Arbeitsbereiche des sozialen Sektors in Deutschland. Strukturelle Gegebenheiten wurden hinterfragt bzw. mit dem polnischen Modell (Vorschule, inklusive Berufsausbildung) kontrastiert.
In einer Kita konnten die Teilnehmenden in Kleingruppen am Alltag der Kitagruppen teilhaben und zusätzlich von der Kitaleitung etwas über frühkindliche Bildung nach dem Brandenburger System erfahren. In einem Berufsbildungszentrum für Menschen mit Behinderung sammelten sie Informationen zu verschiedenen Ausbildungsgängen, Abläufen und Zusatzbetreuungsangeboten für die Azubis mit Beeinträchtigungen. Die Exkursionen wurden jeweils in zwei Etappen ausgewertet: zunächst in einer deutsch-polnischen Kleingruppe mit unterschiedlichen Leitfragen, daraufhin im Plenum. Dies ergab eine Vielzahl von Perspektiven, die die Jugendlichen dazu anregte, Gewohntes zu analysieren und kritisch zu betrachten.
Die polnische Realität zu entdecken und einen Direktvergleich zu ziehen ist ein weiterer Anreiz für den zweiten Teil der Begegnung in Mikuszewo.

Kurz über die Methoden

Die Selbstorganisation war ein essentielles Wirkungsfeld für interkulturelle Kommunikation und Teamwork. Sie wurde von den Teilnehmenden sehr ernst genommen und – wie auch vom Leitungsteam intendiert – als wichtiger Teil des Programms verstanden. Viele interkulturellen Begegnungen und Aha-Erlebnisse im Kleinen konnten beobachtet werden. Die Jugendlichen kamen in einen lebendigen Kontakt bei einer für sie sinnhaften Aufgabe. Die kollektive Analyse dieser Prozesse (die sehr viel Raum einnahm) bot vielfältige Lernaspekte. Rückzug, Hilfsbereitschaft, Achtsamkeit, Umsicht, Fleiß, alles wurde registriert, zum Teil kommentiert, wertgeschätzt. Freuden und Spannungen wurden detailliert im Plenum verarbeitet. Selbstverständlich mussten dadurch andere Programmpunkte kürzer ausfallen. Die Teilnehmenden waren weiterhin sehr engagiert bei der Auswertung der Exkursionen und genossen die Arbeit im Team. Kreative Problemlösungsaufgaben brachten viel Spaß und Dynamik in die Gruppe und somit auch spielerische Leichtigkeit, die manche Hemmungen abbauen konnte. Das Getragenwerden durch eine funktionierende Gruppe konnte dadurch erlebbar werden. Interessant fanden die Jugendlichen immer auch die Auswertungsprozesse zur Teamarbeit, die Erkenntnisse zur eigenen Person, die Kontrastierung von Selbst- und Fremdbild sowie zu Rollen im Team.

Fazit

Die Jugendlichen haben erfahren, dass Kommunikation und Teamwork nicht nur mit einer gemeinsamen Sprache funktioniert. Alle Teilnehmenden konnten so manche größere oder kleinere Hemmungen abbauen und in engeren Kontakt mit Jugendlichen aus dem jeweils anderen Land kommen. Dadurch wurden Vorurteile abgebaut und Neugier für das Partnerland entwickelt. Ca. drei Jugendliche pro Land sind sogar an einem Praktikum im anderen Land interessiert. Die Teilnehmenden haben Erfahrung hinzugewonnen über das eigene (nicht nur berufliche) Handlungspotenzial in einer heterogenen und interkulturellen Gruppe. Durch das Einnehmen einer anderen Perspektive und durch Rückmeldungen anderer Teilnehmender haben sie ihre Stärken weiterentwickeln können oder bisher verborgene Talente entdeckt. Das bestärkte die Jugendlichen in ihrem Selbstbewusstsein. Über Aushandlungsprozesse in der Gruppe konnte Sozialkompetenz und gesellschaftliches Engagement trainiert werden.